Ablauf einer Therapie

Seelische Probleme?

Häufig sind Eltern verunsichert durch verändertes Verhalten ihrer Kinder oder Jugendlichen. Aggressivität, Ängstlichkeit, problematischer Medienkonsum und Rückzug bereiten ihnen Sorgen. Familiäre Krisen oder Schulprobleme hinterlassen Spuren in der Seele, ebenso wie schlimme Erlebnisse, denen die Kinder oder Jugendlichen ausgesetzt waren. Eltern fragen sich dann, ob sich die Probleme von selbst lösen werden oder ob Unterstützung nötig ist. Jugendliche und junge Erwachsene geraten eher in seelische Nöte, wenn sie sich den vielen Anforderungen, die an sie gestellt werden, nicht gewachsen fühlen. Sie leiden unter Identitätskrisen, Selbstwertproblemen, verschiedenen Ängsten und Antriebslosigkeit. Besonders Beziehungsprobleme mit Gleichaltrigen belasten Jugendliche und junge Erwachsene oft stark. Viele fragen sich: brauche ich Hilfe? Ob es sich um eine Entwicklungskrise oder eine seelische Erkrankung handelt, lässt sich im Rahmen der psychotherapeutischen Sprechstunden klären. Gesetzlich krankenversicherte Ratsuchende können bis zu fünf psychotherapeutische Sprechstunden zu je 50min in Anspruch nehmen, in denen die Schwierigkeiten besprochen und Anliegen vorgebracht werden können. Eine ausführliche psychotherapeutische Diagnostik schließt sich an, in der, neben psychologischen Testverfahren, im persönlichen Kontakt zum Ratsuchenden dessen Lebensgeschichte und seine aktuelle Lebenssituation beleuchtet wird. Am Ende der Sprechstunden-Phase wird klar: liegt eine seelische Erkrankung vor oder nicht? Ist eine Psychotherapie sinnvoll oder werden andere Hilfsangebote benötigt? In den Sprechstunden wird beiderseits überprüft, ob man menschlich miteinander zurechtkommt. Wenn bei Ratsuchenden das Gefühl entsteht, nicht gut aufgehoben zu sein, sollte der Wechsel zu einem anderen Therapeuten und/oder anderen Therapieverfahren erwogen werden. Kinder und jüngere Jugendliche kommen in der Regel mit einem Elternteil oder einer Bezugsperson zum Erstgespräch, ältere Jugendliche und junge Erwachsene übernehmen das oft alleine. In der Regel findet bei Kindern wenigstens ein Termin mit Eltern oder Bezugspersonen ohne Anwesenheit der Kinder statt. Bei Jugendlichen klären wir gemeinsam, ob es sinnvoller ist, wenn sie beim Elterngespräch anwesend sind. Wenn Sie an einer psychotherapeutischen Sprechstunde interessiert sind, vereinbaren Sie bitte einen Termin.

Therapie auf Probe

Wenn sich in der psychotherapeutischen Sprechstunde eine seelische Erkrankung ergibt, die ambulant psychotherapeutisch behandelbar ist und alle Beteiligten sich eine Zusammenarbeit vorstellen können, dann beginnt die „Psychotherapie auf Probe“. Hierfür wird ein freier Therapieplatz benötigt. Insgesamt stehen für gesetzlich Krankenversicherte bis zu sechs probatorische Sitzungen zu je 50 min zur Verfügung. Es ist möglich, mehrere Therapeuten und unterschiedliche Therapieverfahren auszuprobieren. In der Regel findet bei Kindern und Jugendlichen mindestens eine probatorische Sitzung mit Eltern bzw. Bezugspersonen statt. In den probatorischen Sitzungen wird ein individuelles Therapiekonzept mit allen Betroffenen erarbeitet. Gruppensitzungen sind im Rahmen der Probatorik nicht möglich.In der probatorischen Phase muss geklärt werden, ob körperliche Erkrankungen die seelischen Probleme auslösen oder mit verursachen. Dazu ist ein Besuch beim Kinder- oder Hausarzt notwendig, der seine Einschätzung im sogenannten Konsiliarbericht mitteilt. In manchen Fällen ist eine ärztliche Mitbehandlung notwendig (z.B. bei Essstörungen oder falls Medikamente verschrieben werden sollen). Ist die Therapieentscheidung gefallen, wird die ambulante Psychotherapie bei der gesetzlichen Krankenkasse beantragt. Das Praxisteam begleitet bei allen für die Beantragung notwendigen Schritten.

Ambulante Psychotherapie

Die „eigentliche“ Psychotherapie beginnt nach der Bewilligung durch die Krankenkassen. Je nach Therapieantrag folgen nun 12-24 Sitzungen Kurzzeittherapie oder bis zu 90 Stunden Langzeittherapie. Wurde anfangs eine Entscheidung für Kurzzeittherapie getroffen, ist eine Umwandlung in Langzeittherapie möglich. Falls eine Langzeittherapie nicht ausreicht, ist eine Verlängerung bis zu maximal 180 Sitzungen möglich. Diese Therapiephase dauert mehrere Monate bis Jahre. Die ambulante Psychotherapie kann als Einzeltherapie, Gruppentherapie oder Kombinationsbehandlung durchgeführt werden. Zum Einsatz kommen tiefenpsychologisch fundierte Verfahren. Besonders wichtig in der Therapiephase sind regelmäßige Therapiesitzungen. Sollten einzelne Therapiesitzungen schwierig zu organisieren sein, empfiehlt sich eine Videosprechstunde. Selbstverständlich unterbrechen Klassenfahrten und körperliche Erkrankungen die Therapie. Schnell kumuliert aber auch Therapieunlust mit leichten körperlichen Beschwerden zu einer Terminabsage. Für den therapeutischen Prozess ist es wichtig, die Therapieunlust in der Therapiesitzung zu offenbaren: die Ehrlichkeit vertieft den Kontakt zur Therapeutin, die mangelnde Motivation ist häufig ein Hinweis auf unerfüllte Wünsche oder Ängste, die bearbeitet werden sollten. Patienten und Bezugspersonen gehen aus der Klärung dieser Fragen gestärkt und selbstsicher hervor. Ebenso wichtig ist eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit Eltern und Bezugspersonen. Veränderungen der Kinder und Jugendlichen durch die Psychotherapie führen zu Veränderungen im Zusammenleben, die besprochen werden sollten. Auch wenn gewünschte Veränderungen ausbleiben, ist das ein wichtiges Thema in der Arbeit mit Bezugspersonen. Dann sollten gegenseitige Erwartungen neu geklärt und gegebenenfalls Therapiekonzepte angepasst werden. Vereinfacht gesagt lernen Patienten in der Therapiephase stabile, langfristige und tragfähige Beziehungen aufrecht zu erhalten. Das wirkt sich auch auf private wie schulische bzw. berufliche Beziehungen außerhalb der Psychotherapie aus.

Nach der Therapie

Das Ende einer Psychotherapie wirft bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen häufig noch einmal wichtige Themen auf: während es die Einen kaum erwarten können, von einer lästigen Pflicht befreit zu sein, fragen sich die Anderen, ob sie schon gefestigt genug sind, um ohne Therapie zurecht zu kommen. Viele beschäftigt die Frage: was ist, wenn es mir wieder schlechter gehen sollte? Kann ich dann wiederkommen? Nach meiner Erfahrung ist es sinnvoll, auch ohne akute Krisen nach Therapieende mehrmals pro Jahr einzelne Sitzungen zu vereinbaren, um die Therapieerfolge zu sichern. Hier kann besprochen werden, wie sich die Veränderungen der Therapie im Alltag auswirken oder ob sich Rückschläge ankündigen. Diese Gespräche können auch als Videosprechstunde stattfinden. Für Patienten in Langzeittherapie ist hierfür die sogenannte Rezidivprophylaxe vorgesehen: ein Teil der von der gesetzlichen Krankenkasse bewilligten Sitzungen kann über den Zeitraum von zwei Jahren gestreckt werden. Die Sitzungen können auch per Videosprechstunde durchgeführt werden. Falls nach Therapieende unerwartet eine Krise auftritt, ist es möglich, einzelne Termine zur Krisenintervention zu vereinbaren. Gemeinsam klären wir dann, ob eine Wiederaufnahme der Therapie bzw. eine Akutbehandlung nötig und möglich ist. Sollte eine Weiterbehandlung in der Praxis nicht möglich sein, suche ich mit Ihnen nach Alternativen.

Wenn es eilt

Manchmal dulden seelische Krisen keinen Aufschub. Unmittelbar nach belastenden Ereignissen gerät das Leben oft aus den Fugen. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene benötigen dann schnelle Hilfe, um sich wieder zu stabilisieren und der Entstehung chronischer seelischer Probleme vorzubeugen. Wenn die Wartezeiten auf einen ambulanten Psychotherapieplatz zu lange wirken und eine stationäre Aufnahme in eine psychiatrische Klinik übertrieben erscheint, kann für gesetzlich Versicherte eine psychotherapeutische Akutbehandlung Abhilfe schaffen. Voraussetzung ist, dass die Betroffenen stabil genug für eine ambulante Behandlung sind, die Termine am Vormittag organisiert werden können und Eltern bzw. Bezugspersonen in der Therapie vernetzt werden können, um einen sicheren Rahmen außerhalb der Sitzungen zu gewährleisten. Ob eine Akutbehandlung für Sie bzw. Ihr Kind/Jugendlichen das Richtige ist, bespreche ich gerne mit Ihnen in einer psychotherapeutischen Sprechstunde Bitte vereinbaren Sie dafür einen Termin. Eine persönliche oder telefonische Erreichbarkeit der Therapeutin außerhalb der vereinbarten Termine ist in der ambulanten Psychotherapie nicht vorgesehen. Sollte es Ihnen oder Ihrem Kind/Jugendlichen so schlecht gehen, dass sofortige Hilfe nötig ist und die Wartezeit auf einen Termin zur psychotherapeutischen Sprechstunde zu lang sein, wenden Sie sich bitte an Ihren Haus- oder Kinderarzt, die Vitos Ambulanz in Alsfeld (unter 18 Jahre) bzw. Ambulanz des Eichhof-Kinikums (ab 18 Jahre) . Außerhalb der Öffnungszeiten ist der Ärztlichen Bereitschaftsdienst erste Anlaufstelle.